Hallo, ich bin's... Miller.

du gehörst also zur Spezies Mensch, die Geistesgröße genug hat, Katzen zu lieben, zu achten und ihnen zu gehorchen, bis daß der Dings ... na, du weisst schon.

Jaja, der Spruch wird meist zu anderer Gelegenheit aufgesagt, aber er paßt halt so gut.

Wenn du das Pech hast, mit keiner Katze dein tägliches Leben teilen zu dürfen und sie immer nur von Ferne anbetest, so wird dich vieles von dem, worüber wir noch reden werden, erstaunen.

Bist du jedoch in der glücklichen Lage, Lebensgefährte einer meiner Artgenossen (ob nun männlich oder weiblich) zu sein, dann - wie soll ich sagen? - überrascht dich wahrscheinlich einfach gar nix mehr... Allerdings dürfte es einige *Aha-Erlebnisse* mit Wiedererkennungsfaktor geben und im übrigen lernt man als Mensch ja nie aus .

Schöpfungsgeschichte

                  von Svende Meridian    
Am Anfang                        
schuf Gott Himmel und Erde,                        
und die Erde war wüst und leer.                    
Am fünften Tage                        
schuf Gott die Fische und die Vögel                    
und am sechsten Tag                        
alles übrige Getier.                       Die Katze ist das einzige vierbeinige Tier,
Ganz zum Schluß                       das dem Menschen eingeredet hat,
schuf er zwei Sorten Menschen:                       er müsse es erhalten,
den Katzenliebhaber                       es brauche aber nichts dafür zu tun.
und den Hundefreund.                       Kurt Tucholsky
                         
Seit diesem unglückseligen Tag                        
ist nie wieder Friede auf Erden gewesen.                        
                         

Der Pfarrer hielt die schönste Predigt-    Sie ging ganz leise durch die Kirch'
und dennoch schliefen manche ein...    und vorne setzte sie sich hin;
Da kam auf einmal durch den Gang    sie schaut empor zu ihrem Pfarrer,
des Pfarrers Katz zur Kirch' hinein.    und aufmerksam hört sie auf ihn.
     
Da blicken alle nach der Katze    Ihr wundert euch, sagt jetzt der Pfarrer,
die letzten Schläfer weckte man -    daß meine Katze kommt hierher
damit sie sahen, wie die Katze    und daß sie aufmerkt auf die Predigt,
zu ihrem Pfarrer schaut hinan.    das wundert euch vielleicht noch mehr.

Sie kam hierher, ich will's euch sagen,
und setzt sich hier auf ihren Platz,
weil sie gehört hat, daß der Pfarrer
die Predigt meist hält für die Katz' !!

 

Die Katze geht ihre eigenen Wege

von Rudyard Kipling

Hör zu und paß auf und gib acht, denn dies ereignete und begab sich und trug sich zu, als die Haustiere noch wild waren. Der Hund war wild, und das Pferd war wild, die Kuh war wild, und das Schaf war ebenso wild, und das Schwein war so wild, wie es nur sein konnte, und alle liefen auf wilden Wegen im nassen wilden Wald herum. Aber das wildeste aller wilden Tiere war die Katze. Sie ging ihre eigenen Wege, und es war ihr gleichgültig, wohin diese Wege sie führten.
Natürlich war der Mensch auch wild. Er war sogar furchtbar wild. Und er dachte nicht daran, zahmer zu werden, bis eines Tages der Mann die Frau traf und die Frau dem Mann sagte, daß es ihr nicht gefiele, auf so wilde Weise zu leben. Sie suchte eine hübsche, trockene Höhle als Schlafstätte aus, weil ihr das Lager des Mannes, ein Haufen nasser Blätter, nicht angenehm genug war, und sie streute sauberen Sand auf den Boden und machte ein feines Holzfeuer hinten in der Höhle und hängte - mit dem Schwanz nach unten - die getrocknete Haut eines wilden Pferdes vor den Eingang der Höhle und sagte:
"Streich dir die Füße ab, wenn du nach Hause kommst, mein Herz, und nun wollen wir ein glückliches Familienleben anfangen."

An diesem Abend aßen sie wildes Hammelkotelett, das sie auf heißen Steinen geröstet und mit wildem Knoblauch und wildem Pfeffer gewürzt hatten. Als zweiten Gang aßen sie Wildente, die mit wildem Reis, wilden Kastanien und wilden Äpfeln gefüllt war, und schließlich Brötchen, die mit dem Mark wilder Ochsen belegt waren, dazu wilde Kirschen und wilden Kuhkäse. Darauf legte sich der Mann dicht vor dem Feuer zum Schlafen nieder und schlief selig ein, aber die Frau blieb noch auf und kämmte ihr Haar.

Dann nahm sie den Schulterknochen eines Hammels - jenen großen, flachen Knochen - und sah sich an, wie merkwürdig er gezeichnet war. Sie warf mehr Holz in das Feuer und dann machte sie einen Zauber. Dies war der erste Zauber, der je in der Welt gemacht worden ist. Draußen in den nassen wilden Wäldern standen alle die wilden Tiere beieinander und sahen nach dem Schein des Feuers hinüber, das weithin sichtbar war, und sie zerbrachen sich die Köpfe, was es bedeuten könne.
Da stampfte das wilde Pferd mit seinem wilden Huf auf und sagte: "O Freunde und Feinde, warum haben der Mann und die Frau ein so großes Licht in der großen Höhle gemacht, und wieviel Böses haben wir davon zu erwarten?"

Der wilde Hund streckte seine wilde Nase empor und erschnüffelte das wilde Hammelkotelett und sagte: "Ich will hingehen und nachsehen und euch Bescheid sagen - das kann uns ganz nützlich sein. Katze, du sollst mich begleiten."
"Nein, nein", sagte die Katze, "ich bin die Katze, die ihre eigenen Wege geht. Ich pflege nicht in Begleitung zu gehen. Ich komme nicht mit."
"So werden wir nie wieder Freunde sein", sagte der wilde Hund und machte sich auf den Weg nach der 

Höhle.Als er ein kleines Stückchen fort war, sagte die Katze zu sich selbst: "Mir ist's gleichgültig, wohin meine Wege führen. Warum sollte ich nicht auch dorthin gehen und mir alles ansehen und wieder fortgehen, wie es mir paßt!" So schlich sie dem wilden Hund leise, ganz leise nach und versteckte sich an einer Stelle, wo sie alles mitanhören konnte.
Als der wilde Hund an den Eingang der Höhle kam, schob er die getrocknete Pferdehaut mit seiner Nase empor und sog den Duft des wilden Hammelkoteletts mit vollen Zügen ein. Als die Frau, die noch immer den Schulterknochen betrachtete, ihn bemerkte, lachte sie und sagte." Da kommt der erste. Wildes Tier aus wildem Wald, was willst du?"
Der Hund antwortete: "Oh Feindin und Frau meines Feindes, was riecht so herrlich im wilden Wald?"

Da nahm die Frau einen schönen Knochen, der von einem wilden Hammelkotelett übriggeblieben war, warf ihn dem Hund hinüber und sagte: "Wildes Tier aus wildem Wald, koste und friß." Der Hund nagte den Knochen ab und fraß ihn auf, und er schmeckte herllicher als alles, was er jemals gegessen hatte., und er sagte: "O Feindin und Frau meines Feindes, gib mir noch einen."
Die Frau antwortete: "Wildes Tier aus wildem Wald, hilf am Tage meinem Mann jagen und bewache die Höhle in der Nacht, und ich gebe dir so viele Knochen, wie du willst."
"Aha", sagte die Katze in ihrem Versteck. "Das ist eine kluge Frau, aber sie ist nicht so klug wie ich."
Der wilde Hund kroch in die Höhle und legte seinen Kopf der Frau in den Schoß und sagte:

"O Freundin und Frau meines Freundes, am Tage will ich deinem Mann jagen helfen, und nachts will ich deine Höhle bewachen."
"Aha", sagte die Katze in ihrem Versteck, "das ist ein zu blöder Hund." Und sie wandelte zurück durch die nassen wilden Wälder, schwenkte ihren Schwanz und ging ihre eigenen wilden Wege. Aber sie erzählte niemandem ein Wort.
Als der Mann aufwachte, sagte er: "Was tut der wilde Hund hier?"
Und die Frau antwortete: "Er ist kein wilder Hund mehr, sondern unser bester Freund, denn er will für ewig und alle Zeit bei uns bleiben. Nimm ihn mit, wenn du auf die Jagd gehst."
Am nächsten Abend schnitt die Frau auf den Wasserwiesen große grüne Büschel frisches und grünes Gras ab, viele Armvoll, und trocknete es vor dem Feuer, daß es wie frisch gemähtes Heu duftete. Sie setzte sich an den Eingang der Höhle und flocht einen Halfter aus Pferdehaut und betrachtete wieder den Hammelknochen, den großen flachen Schulterknochen, und versuchte von neuem ihren Zauber. Dies war der zweite Zauber, der in der Welt geschah.
Draußen in den wilden Wäldern waren all die wilden Tiere besorgt, was wohl dem wilden Hund zugestoßen sein konnte, und schließlich stampfte das wilde Pferd mit seinem Huf auf und sagte: "Ich will gehen und nachsehen und euch Bescheid sagen, warum der wilde Hund nicht wiedergekommen ist. Katze, begleite mich." "Nein, nein", sagte die Katze, "ich pflege stets meine eigenen Wege zu gehen. Ich begleite dich nicht." Aber trotzdem folgte sie dem wilden Pferd leise, ganz leise, und verbarg sich an derselben Stelle, wo sie alles genau hören konnte.
Als die Frau das wilde Pferd stampfen und über seine wilde Mähne stolpern hörte, lachte sie und sagte: "Da kommt der zweite. Wildes Tier aus wildem Wald, was willst du?"
Das wilde Pferd antwortete: "O Feindin und Frau meines Feindes, wo ist der wilde Hund?"
Die Frau lachte, nahm den Schulterknochen auf und sah ihn an und sprach: "Wildes Tier aus wildem Wald, du bist gar nicht wegen des wilden Hundes gekommen, sondern weil du dieses herrliche Heu gewittert hast."
Und das Pferd sagte stampfend und schnaubend: "Du hast recht - gib mir etwas davon."
Die Frau sagte: "Wildes Tier aus wildem Wald, beuge dein stolzes Haupt und trage, was ich dir aufpacke, dann sollst du dreimal am Tage herrliches Heu von mir bekommen."
"Aha!", sagte die Katze in ihrem Versteck, "das ist wirklich eine sehr kluge Frau, aber sie ist nicht so klug wie ich."
Da beugte das Pferd sein stolzes Haupt, und die Frau streifte ihm schnell den Halfter aus Pferdehaut über, und das Pferd sagte, mit dem Kopf vor den Füßen der Frau: "O Herrin und Frau meines Herrn, ich will gerne dein Diener sein, wenn ich dieses herrliche Heu immer bekomme."
"Aha!" sagte die Katze in ihrem Versteck, "das ist ein zu albernes Ross!" Und sie wandelte nach Hause durch den nassen wilden Wald, schwenkte ihren Schwanz und ging auf ihren eigenen wilden Wegen. Wieder erzählte sie niemandem ein Wort.
Als der Mann und der Hund von der Jagd nach hause kamen, sagte der Mann: "Was macht denn das wilde Pferd hier?" Und die Frau antwortete: "Es ist kein wildes Pferd mehr, sondern unser bester Diener, denn es wird uns für ewig und alle Zeit von Ort zu Ort tragen. Reite auf seinem Rücken, wenn du zur Jagd willst."
Am nächsten Tag ging die wilde Kuh nach der Höhle. Sie hielt ihren wilden Kopf so hoch sie nur konnte, damit ihre wilden Hörner nicht im wilden Gebüsch hängenblieben, und die Katze folgte ihr und versteckte sich wie zuvor.
Und alles geschah ganz genau wie zuvor, und die Katze sagte ganz genau dasselbe wie zuvor, und als die wilde Kuh versprochen hatte, der Frau jeden Tag ihre Milch zu geben, und die Frau versprochen hatte, daß die Kuh jeden Tag von dem herrlichen Klee bekommen sollte,der im Garten der Frau wuchs, da ging die Katze durch den wilden nassen Wald nach Hause und schwenkte ihren Schwanz auf einsam-wilden Wegen, genau wie zuvor. Und sie erzählte wieder niemandem davon.
Als der Mann mit dem Pferd und dem Hund von der Jagd nach Hause kam und dieselben Fragen gestellt hatte wie zuvor, sagte die Frau: "Das ist jetzt kein wildes Tier mehr, sonder sie schenkt uns herrliches Essen. Für ewig und alle Zeit wird sie uns ihre warme weiße Milch geben, und ich werde für sie sorgen, während du mit deinem treuesten Freund und deinem besten Diener auf die Jagd gehst."
Am nächsten Tag paßte die Katze auf, ob wieder ein wildes Tier nach der Höhle gehen würde, aber nichts rührte sich im nassen wilden Wald. So ging die Katze ihre eigenen Wge, und sie sah die Frau die Kuh melken und sah den Feuerschein in der Höhle und roch die herrliche weiße Milch.
Die Katze sagte: "O Feindin und Frau meines Feindes, wo mag nur die wilde Kuh sein?"
Die Frau lachte laut und sagte: "Wildes Tier aus dem wilden Wald, geh nur wieder nach Hause, denn ich habe den Schulterknochen mit seinen Zauberkräften fortgelegt, weil wir keine Freunde oder Diener in unserer Höhle mehr brauchen können."
Die Katze sagte: "Ich bin kein Freund, ich bin kein Diener, ich bin die Katze und gehe meine eigenen Wege, und ich wünsche in die Höhle gelassen zu werden."
Die Frau sagte: "Warum bist du denn nicht mit unserem besten Freund in der ersten Nacht gekommen?"
Die Katze wurde sehr ungehalten und sagte: "Hat der wilde Hund mich etwa bei dir verklatscht?"
Da lachte die Frau und sagte: "Ich denke, du gehst deine eigenen Wege? Ich denke, du bist weder Freund noch Diener? Also bitte, begib dich auf deine eigenen Wege, wohin sie dich auch führen."
Da tat die Katze so, als ob sie sehr traurig wäre, und sagte: Darf ich wirklich nicht in die Höhle hinein? Darf ich niemals am warmen Feuer sitzen? Darf ich niemals warme weiße Milch trinken? Du bist so klug und schön. Du solltest zu einer Katze nicht so grausam sein."
Die Frau sagte: " Ich weiß, daß ich klug bin, aber ich wußte nicht, daß ich schön bin. Ich danke dir für das Kompliment, und darum will ich ein Abkommen mit dir treffen. Wenn ich auch nur einmal von dir etwas Gutes sage, dann darfst du in die Höhle kommen."
"Und wenn du es zweimal sagst?" fragte die Katze.
"Darauf kannst du lange warten", sagte die Frau. "Aber schön: Wenn ich zweimal von dir etwas Gutes sage, darfst du in der Höhle am Feuer sitzen."
"Und wenn du es dreimal sagst?" fragte die Katze.
"Unmöglich", sagte die Frau."Aber wenn ich wirklich drei gute Worte für dich übrig habe, bekommst du von mir auf ewig und alle Zeit dreimal am Tage die schöne weiße warme Milch zu trinken."
Da machte die Katze einen Buckel und sagte: "Mögen denn der Vorhang am Eingang der Höhle und das Feuer am Ende der Höhle und die Milchtöpfe, die neben dem Feuer stehen, nie vergessen, was meine Feindin und Frau meines Feindes gesagt hat." Und sie wandelte fort durch den nassen wilden Wald, schwenkte ihren wilen Schwanz und suchte sich ihre einsam-wilden Wege.
Als am Abend der Mann mit dem Pferd und dem Hund von der Jagd nach Hause kam, erzählte die Frau nichts von dem Abkommen, das sie mit der Katze getroffen hatte, weil sie Angst hatte, daß er sich darüber ärgern könnte.
Die Katze ging weit, weit fort und versteckte sich in den nassen wilden Wäldern auf den allereinsamsten Wegen für eine lange Zeit, bis die Frau sie und das Abkommen längst vergessen hatte. Nur die Fledermaus - die kleine Kopf-nach-unten-Fledermaus -, die sich im Innern der Höhle aufzuhängen pflegte, wußte, wo sich die Katze versteckt hatte, und jeden Abend flog sie zur Katze und erzählte ihr, was sich Neues zugetragen hatte.
Eines Abends sagte die Fledermaus: "Sie haben ein Baby in der Höhle. Es ist rund und rosig und neu und winzig, und die Frau hat es sehr lieb."
"Aha!" sagte die Katze, "und wen hat das Baby lieb?"
"Das Baby hat alles lieb, was weich ist und kitzelt", sagte die Fledermaus. "Es hält gern etwas Warmes im Arm, wenn es einschlafen will. Es hat sehr gern, wenn man mit ihm spielt."
"Aha!" sagte die Katze, "dann ist meine Zeit gekommen."
In der nächsten Nacht wanderte die Katze durch den nassen wilden Wald und versteckte sich nahe der Höhle, bis der Morgen kam und der Mann mit dem Pferd und dem Hund zur Jagd ging. Die Frau hatte an diesem Morgen gerade viel mit Kochen zu tun, und das kleine Kind schrie und störte sie unaufhörlich. Sie trug es vor die Höhle und gab ihm eine Handvoll schöne bunte Steine zum Spielen. Aber das kleine Kind schrie immer weiter.
Da streckte die Katze ihre weiche Pfote aus und streichelte dem Kind über die Backe, und das Kind quiekte vor Vergnügen. Dann rieb sich die Katze an seinen dicken Knien und kitzelte es mit dem Schwanz an seinem dicken Kinn. Und das Kind lachte. Als das die Frau hörte, lächelte sie.
Da sagte die Fledermaus, die sich im Innern der Höhle aufgehängt hatte: O gnädige Gastgeberin und Frau meines gnädigen Gastgebers und Mutter des gnädigen Sohnes meines Gastgebers, ein wildes Tier aus dem wilden Wald spielt ganz herrlich mit deinem Kind."
"Tausend Dank dem lieben wilden Tier", sagte die Frau und richtete sich von ihrer Arbeit auf, "denn ich hatte heute früh sehr viel zu tun, und es hat mir einen großen Dienst erwiesen!"
In derselben Minute und Sekunde fiel die getrocknete Pferdehaut, die mit dem Schwanz nach unten vor 
den Eingang der Höhle gespannt war, herunter - rrrups! -, denn sie erinnerte sich an das Abkommen, das die Frau mit der Katze getroffen hatte, und als die Frau die Haut wieder aufhängen wollte - sieh und staune! -, saß die Katze ganz gemütlich im Eingang der Höhle.
" O Feindin und Frau meines Feindes und Mutter meines Feindes", sagte die Katze, "ich bin es nur, mit Verlaub. Du hast etwas Gutes über mich gesagt, und nun darf ich für ewig und alle Zeit in der Höhle sitzen. Aber ich bleibe trotzdem die Katze, die ihre eigenen Wege geht."
Die Frau ärgerte sich, biß die Lippen zusammen, nahm ihr Spinnrad und begann zu spinnen.

Aber das Baby schrie, weil die Katze nicht mehr bei ihm war, und die Mutter konnte es nicht beruhigen. Es strampelte und schlug um sich und wurde ganz blau im Gesicht.
" O Feindin und Frau meines Feindes und Mutter meines Feindes", sagte die Katze, "nimm einen Faden von dem Garn, das du gerade spinnst, und binde einen Stein daran und ziehe ihn über den Boden. Ich will dir einen Zauber zeigen, der dein Baby so laut lachen läßt, wie es jetzt weint."
"Das will ich tun", sagte die Frau, "denn ich weiß mir nicht mehr anders zu helfen, aber diesmal werde ich mich nicht bei dir bedanken."
So band sie denn einen kleinen Stein an den Faden und zog ihn über den Boden, 
und die Katze sprang dem Stein nach, nahm ihn zwischen ihre Pfoten, ließ ihn los, kugelte kopfüber hinter ihm her, warf ihn sich über die Schulter, stieß ihn zwischen ihre Hinterbeine, tat so, als hätte sie ihn verloren, und dann sprang sie plötzlich mit einem Satz auf ihn drauf, bis das Baby so laut lachte, wie es vorher geweint hatte. Es reckte die Ärmchen nach der Katze und jubelte, daß die Höhle widerhallte, bis es müde wurde und sich zum Schlafen hinlegte - die Katze im Arm.
"Jetzt", sagte die Katze, "werde ich dem Kind ein Lied singen, daß es eine Stunde lang schlafen soll." Und sie begann zu schnurren, laut und leise, leise und laut, bis das Baby fest eingeschlafen war. Die Frau lächelte, als sie auf die beiden hinabsah, und sagte: "Das hast du fein gemacht! Du bist wirklich sehr gescheit, liebe Katze."
In dieser selben Minute und Sekunde kam der Rauch des Feuers in dichten Wolken vom Ende der Höhle herangequalmt - pfff! -, denn er erinnerte sich an das Abkommen, das die Frau mit der Katze getroffen hatte, und als sich der Rauch verzogen hatte - jetzt sieh und 
staune! -,  saß die Katze gemütlich dicht beim Feuer.
"O Feindin und Frau meines feindes und Mutter meines Feindes", sagte die Katze, "du hast jetzt zum zweitenmal etwas Gutes über mich gesagt, und jetzt darf ich neben dem warmen Feuer am Ende der Höhle für ewig und alle Zeiten sitzen. Aber ich möchte ausdrücklich bemerken, daß ich trotzdem noch meine eigenen Wege zu gehen gedenke."
Da hat sich die Frau sehr, sehr geärgert, und sie warf mehr Holz auf das Feuer und suchte den großen flachen Schulterknochen des Hammels hervor und fing an, einen Zauber zu machen, der sie davor bewahren sollte, ein drittes Mal etwas Gutes über die Katze zu sagen. Es war ein ganz stiller Zauber, und nach und nach wurde es so still in der Höhle, daß ein kleines Mäuschen aus einem Loch in der Ecke herauskam und über den Höhlenboden lief.
"O Feindin und Frau meines Feindes und Mutter meines Feindes", sagte die Katze, "gehört diese kleine Maus auch zu deinem Zauber?"
"Huh, nein, ksch", rief die Frau und legte den Schulterknochen nieder, so schnell sie konnte, und sprang auf den Schemel am Feuer, weil sie Angst hatte, daß die Maus ihr die Röcke hochlaufen könnte.

"Aha!" sagte die Katze, "dann wirst du wohl nicht böse sein, wenn ich die Maus fresse?"
"Nein", sagte die Frau und hielt ihre Röcke hoch, "friß sie schnell, und ich will dir auch immer dankbar sein."
Die Katze tat einen Sprung und fing die kleine Maus, und die Frau sagte: "Tausend Dank! Selbst unser treuester Freund, der Hund, ist nicht geschickt genug, um eine Maus so schnell zu fangen wie du. Du mußt wirklich sehr schlau sein."

In dieser Minute und Sekunde krachte der Milchtopf, der neben dem Feuer stand, in zwei Teile - kllkr! -, denn er erinnerte sich an das Abkommen, das die Frau mit der Katze getroffen hatte, und als die Frau von dem Schemel herabgesprungen war - siehe und staune! - schleckte die Katze die warme weiße Milch, die in dem zerbrochenen Topf gewesen war.
"O Feindin und Frau meines Feindes und Mutter meines Feindes", sagte die Katze, "jetzt hast du zum drittenmal etwas Gutes von mir gesagt, und jetzt darf ich für ewig und alle Zeit die weiße warme Milch dreimal am Tag trinken. Aber trotzdem - merk dir das! - bleibe ich die Katze, die stets ihre eigenen Wege geht."
Da lachte die Frau und stellte der Katze einen Napf mit schöner warmer Milch hin und sagte: "O Katze, du bist so klug wie ein Mensch, aber jetzt denke daran, daß du mit dem Mann und mit dem Hund kein Abkommen getroffen hast! Ich weiß nicht, was sie tun werden, wenn sie nach Hause kommen."
"Was geht das mich an?" sagte die Katze. "Wenn ich meinen Platz in der Höhle beim Feuer habe und meine Milch dreimal täglich bekomme, kümmere ich mich nicht darum, was der Mann und der Hund tun."
Als an diesem Abend der Mann und der Hund in die Höhle kamen, erzählte ihnen die Frau die ganze Geschichte, während die Katze am Feuer saß und lachte. Da sagte der Mann: "Schön und gut, aber mit mir und allen richtigen Männern, die nach mir kommen, hat die Katze kein Abkommen getroffen. " Dann zog er seine schweren Stiefel aus und nahm eine kleine Streitaxt (das waren schon drei Gegenstände), und schließlich holte er sich ein Scheit Holz und ein Beil (das wären alles in allem fünf Gegenstände!) und legte sie alle in eine Reihe und sagte:
"Jetzt wollen auch wir unser Abkommen treffen. Wenn du nicht für ewig und 
alle Zeit Mäuse fängst, werde ich mit diesen fünf Gegenständen nach dir werfen, sooft ich dich sehe, und so werden es alle richtigen Männer machen, die nach mir kommen."
"Aha", dachte die Frau, "die Katze ist wohl sehr klug, aber der Mann ist noch klüger."
Die Katze betrachtete sich die fünf Gegenstände (sie sahen recht kantig aus) und sagte: "Ich will für ewig und alle Zeiten Mäuse fangen. Aber das sage ich gleich: Ich bleibe trotzdem die Katze, die stets ihre eigenen Wege geht."
"Nicht, wenn ich da bin", sagte der Mann. "Wenn du das nicht gesagt hättest, würde ich diese fünf Sachen für ewig und alle Zeiten fortgelegt haben. Aber von nun an werde ich meine Stiefel und meine Axt nach dir werfen, sooft ich dich sehe."
Darauf sagte der Hund: "Einen Augenblick, bitte. Die Katze hat mit mir noch keinen Vertrag gemacht, mit mir und allen richtigen Hunden, die nach mir kommen." Er zeigte seine Zähne und fuhr fort: "Wenn du nicht nett zu dem kleinen Kind bist, für ewig und alle Zeit, werde ich dich jagen, bis ich dich packen kann, und wenn ich dich gepackt habe, werde ich kräftig zubeißen. Und das werden alle Hunde machen, die nach mir kommen."
"Aha", dachte die Frau, "die Katze ist wohl sehr klug, aber der Hund ist viel klüger."
Die Katze zählte die Zähne des Hundes (sie sahen recht spitz aus) und sagte: "Ich will nett zu dem Kind sein, so lange es mich nicht zu arg am Fell rupft, für ewig und alle Zeit. Aber ich bleibe und bleibe trotz allem die Katze, die ihre eigenen Wege gehen wird!"
"Nicht, wenn ich in der Nähe bin", sagte der Hund. "Wenn du das jetzt nicht gesagt hättest, würde ich dir für ewig und alle Zeit meine Zähne niemals wieder gezeigt haben; aber von nun an werde ich dich auf den Baum hinaufjagen, sooft ich dich treffe."
Dann warf der Mann seine zwei Stiefel und seine kleine Axt nach der Katze,
und die Katze
rannte aus der Höhle hinaus, und der Hund jagte sie auf einen Baum hinauf, und von jenem Tag an werfen drei richtige Männer von fünfen alles mögliche Zeug nach einer Katze, sooft sie eine treffen, und jeder richtige Hund jagt sie auf einen Baum. Aber die Katze hält ihr Abkommen auch. Sie fängt Mäuse und ist nett zu kleinen Kinder, sooft sie im Hause ist und sie ihr nicht das Fell zu sehr rupfen.
Aber danach, und auch zwischendurch, und wenn der Mond aufgeht und wenn die Nacht kommt, dann geht die Katze auf ihren eigenen Wegen. Dann wandelt sie hinaus in den nassen und wilden Wald oder klettert auf nasse wilde Bäume oder auf nasse wilde Dächer und schwenkt ihren wilden Schwanz auf einsam-wilden Pfaden.

Aus: "Gesammelte Werke" von Rudyard Kipling


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